Samstag, 21. Mai 2011

Sonntags Worte


Liebe Schwestern und Brüder in Christi,
Zu 1 Petr 2,5-9
Am Bau der "Titanic", dem größten Passagierdampfer der Welt, waren viele hundert Arbeiter beschäftigt. Doch bereits in jenen Baujahren geschah etwas, das den späteren Untergang dieses Schiffes gleichsam herausgefordert hatte. Gemeint sind die vielen skandalösen Sprüche an den äußeren Wänden dieses Luxusdampfers, die beim Anstreichen zwar verdeckt wurden, aber bald danach wieder zum Vorschein kamen. Unter ihnen file vor allem die Aufschrift in Buchstaben von einem Meter Höhe auf: "No God", zu deutsch: "Wir brauchen Gott nicht." Da die "Titanic" einen doppelten Schiffsboden besaß, hielt man sie für unsinkbar. Auch die wütendsten Stürme, so glaubte man, würden ihre Macht an ihr vergebens erproben.
Dahinter steckte der gleiche fatale Stolz wie hinter dem Turmbau zu Babel. Derartige Geschichten ließen sich noch viele erzählen ...
In unserer heutigen Lesung aber beginnt eine andere Baugeschichte,
Die durch einen ganz anderen Geist möglich wurde und eine große Vollendung erwarten lässt. Petrus überliefert sie uns:
Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen (1 Petr 2,5).
Auf dieser “Baustelle”, die unsere Kirche ist, braucht uns Gott – und nicht nur als Arbeiter. Dort muss unser Engagement so stark sein, dass alle, die dazu gehören, gleichsam zu "Baumaterial" werden müssen - allerdings von ganz besonderer Qualität. Christus ist nach unserer Lesung der "lebendige Stein" - das Fundament, auf dem der Bau errichtet wird. Petrus schreibt: Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist (1 Petr 2,4).
Zwar ist dieses Fundament von den Menschen verworfen worden, von Gott aber erwählt und anerkannt. Somit wird dieses Haus zur Einladung und zur Sicherung für unser gemeinsames Leben mit Gott schon in dieser Welt.
Es ist hilfreich zu wissen, dass unsere Kirche nicht perfekt ist, was viele Menschen aber voraussetzen und somit enttäuscht werden müssen; sie ist eine Baustelle, an der wir uns engagieren sollen.
Wenn sich eine junge Familie ein Häuschen baut, zieht sie aus guten Gründen schon in ihr entstehendes Heim ein, sobald es zu einem guten Teil bewohnbar ist, und wartet nicht bis zur perfekten Fertigstellung. Das haben wir alle so gehalten, DA wir ja als Getaufte in unsere Kirche eingezogen sind, die nach unserer heutigen Lesung (1 Petr 2,4-9) noch immer eine Baustelle ist, von Gott fundiert und betrieben. Dabei gibt es auch für uns noch einiges zu tun. Dazu fordert uns Petrus auf:
Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft (1 Petr 2,5a), und ER verwendet dabei ein außergewöhnliches, scheinbar widersprüchliches Bildwort: Lebendige Steine.
Ein Stein ist hart, nicht leicht zu verändern, aber ER ist zuverlässig und gibt durch seine Festigkeit Halt und Sicherheit;
“lebendig sein” bedeutet beweglich und anschmiegsam sein,
Sich anpassen, sich beteiligen, seinen Platz einnehmen –
Funktionen, die unabdingbar sind für diesen gemeinsamen Bau.
Dieses Bildwort gibt uns eine Menge an Qualitäten auf, aber diese
Qualifikationen erwarten auch die heutigen Menschen von uns.
Schon I'm AT gibt es Hinweise auf die von Gott und auch mit Menschen erbaute Kirche:
Die Israeliten taten, was Josua befohlen hatte, und nahmen zwölf Steine mitten aus dem Jordan, so viele, wie es Stämme der Israeliten gab, wie es der Herr dem Josua befohlen hatte. Sie nahmen sie mit hinüber zu ihrem Rastplatz und stellten sie dort auf (Jos 4,8)
Oder auch:
Elija baute den zerstörten Altar Jahwes wieder auf. Er nahm zwölf Steine, nach der Zahl der Stämme der Söhne Jakobs. Er fügte die Steine zu einem Altar für den Namen Des Herrn (1 Kön 18,30ff).
Jesaia schließlich hatte die Vision:
Darum - so spricht Gott, der Herr: Seht her, ich lege einen Grundstein in Zion, einen harten und kostbaren Eckstein, ein Fundament, das sicher und fest ist. Wer glaubt, der braucht nicht zu fliehen (Jes 28,16).
Petrus mahnt: Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre.
Und ER warnt: Für jene aber, die nicht glauben, ist dieser Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Eckstein geworden, zum Stein, an den man anstößt, und zum Felsen, an dem man zu Fall kommt (1 Petr 2,7f),
Was der Prophet Jesaia schon vorausgesehen hat:
Er wird das Heiligtum sein für Israel: der Stein, an dem man anstößt, der Felsen, an dem man zu Fall kommt (Jes 8,14).
Vor diesen Bildworten müssen wir uns entscheiden:
Sind wir bereit, als "lebendige Steine" uns mit diesem Fundament bildenden Christus und untereinander nach Gottes Willen zu verbinden, mit zu tragen, zu stützen, Lücken zu füllen, Einheit zu bilden, was auch das Vatikanum II fordert: “Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, d.h. Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit”,
Oder uns aus den üblichen individualistischen Gründen zu distanzieren? - Doch dann würde Christus mit seinem Engagement bis aufs Blut ein Stolperstein für uns und für viele suchende Menschen werden.
Wenn wir das alles bedenken, dann können wir unsere Wünsche und Hoffnungen für unsere Kirche nicht nur dem Papst und den Bischöfen aufbürden. Christus ist das Fundament seiner Kirche und wir als Glieder dieser Kirche – die lebendigen Steine - sollen und können unsere Kirche mitgestalten im Geist Jesu, der seine Kirche zusammenhält und uns durch sein Wort und seine Sakramente heiligt, qualifiziert, befähigt zu einer lebendigen Gliedschaft.
Verheißt doch unsere Lesung:
Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat (1 Petr 2,9).
Wir sollten uns nicht beschweren, dass unsere Kirche nicht so perfekt ist, wie wir sie uns wünschen – eben eine Baustelle mit klobigen Steinen, hartem Schotter, weichem Sand, mit Absperrungen und Umgehungen.
Wenn wir - die Glieder dieser Kirche – nämlich uns konstruktiv als "lebendige Steine" auf dem Fundament Christus verstehen und uns dem Bauherrn - wiederum Christus - anvertrauen, dann könnte auch heut geschehen, was nach der Apostelgeschichte (s. 1. heutige Lesung) schon ganz am Anfang der Kirche geschehen ist: Das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger in Jerusalem wurde immer größer (Apg 6,7).
Schon jetzt aber können wir die Verheißung Jesu aus dem heutigen Evangelium entgegen nehmen, die uns mit großer Freude erfüllen darf: Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?
Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin (Joh 14,1ff).
Möge der Geist Jesu uns zu diesem Bemühen bewegen, stärken und festigen. Amen.
Mit diesen Worten wünscheich euch einen gesegneten Sonntag.
Brüderliche Grüße
+nnDnn+
++ Fr. Berthold

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen