Samstag, 14. Mai 2011

Petrus


„Petrus“
Mir scheint, der sehr ernste Papst Pius XII. Hatte recht, als ER sagte, dass ein Clown ein großer Wohltäter der Menschheit sei. Deshalb lacht man nicht nur über einen Clown, man liebt ihn. Man liebt ihn wegen der Botschaft, die ER uns in einer Art und Weise bringt, wie nur ER es kann.
Dem Clown passt nichts; und dennoch ist ER in der Regel froh und heiter. Uns passt manches nicht; dann sind wir in der Regel traurig und betrübt oder gar verärgert. In der Tat: Dem Clown passt nichts. Entweder ist es zu groß oder zu Klein, zu eng oder zu weit, zu hell oder zu dunkel. Aber es regt den Clown nicht auf. Er lässt es gut sein. Auf diese Weise kann ER darüber hinweg kommen, selbst wenn es ihm immer wieder hinderlich ist. Es ist für ihn ein Grund zum Lächeln. So liegt bereits in seinem Aussehen die Antwort darauf, wie man über so manches hinwegkommt, was einem I'm Alltag nicht passt. Und was kann das nicht alles sein!
Erwachsen und reif wird der Mensch erfahrungsgemäß erst, wenn ER vieles mit einem Lächeln trägt und erträgt, obwohl es ihm nicht passt. Nur so erweist ER sich als ein innerlich freier Mensch. Das weiß der Clown. Obwohl ER in vielem steckt, was ihm nicht passt, verliert ER seine Fassung wie auch seine Freude und seine Gelassenheit nicht.
Schauen wir vom Clown nun auf einen unserer wichtigsten Verkünder –
Auf Petrus, der freilich kein Clown war, doch können wir in unserer heutigen Lesung bei ihm erstaunliche Parallelen zum Clown entdecken: Da trat Petrus auf, zusammen mit den Elf; ER erhob seine Stimme und begann zu reden (Apg 2,14) – ein einfacher Fischer tritt als offensiver Verkünder auf, wie unpassend! – und mit einer außergewöhnlichen Botschaft: Mit Gewissheit erkenne das ganze Haus Israel: Gott hat ihn zum Herrn und Messias gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt (Apg 2,36), - als einzelner kritisiert ER die Menschenmenge und fordert sie auf zur Umkehr: Kehrt um, und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden (Apg 2,38).
Der Clown fällt immer wieder hin; aber ER steht immer wieder auf; sein Fallen erschüttert ihn nicht. Auch wir fallen immer wieder hin; doch nicht selten wollen wir am Boden bleiben. - Hier sei zunächst einmal festgestellt, dass das Fallen zum Wesen Des Menschen gehört. Der eine fällt hier, der andere dort; dieser so, jener Anders. Wie auch immer - hinfällig sind wir alle. Das liegt an unserer Unbeständigkeit, an unserer menschlichen Schwäche. Würde der Mensch nicht fallen, so wäre ER Gott; denn Gott steht in sich selbst. In all seinem Tun ist ER gut, gerecht und heilig. Der Mensch aber ist nicht Gott. Würde sich der Mensch nicht wieder erheben, so wäre ER ein Vierbeiner. Der Mensch ist ein Fallender und ein Aufstehender.
Auch Jesus ist unter dem ihm auferlegten Kreuz dreimal gefallen. Daran erkennen wir, dass ER zu uns gehört. Daher ist auch der Punkt, an dem wir uns oft von den Heiligen unterscheiden, nicht der, dass die Heiligen nicht gefallen wären, sondern vielmehr der, dass sie immer wieder aufgestanden sind. Sie taten es, weil sie daran glaubten, dass Gottes Liebe größer ist, als je ein Mensch verschulden kann.
So lesen wir bei Johannes: "Wir werden unser Herz in seiner Gegenwart beruhigen. Denn wenn das Herz uns auch verurteilt - Gott ist größer als unser Herz, und ER weiß alles" (1 Joh 3,19-20).
Dietrich Bonhoeffer, der selbst in schwerster Bedrängnis anderen noch Trost und Zuspruch geben konnte, schreibt in seinen Aufzeichnungen I'm Gefängnis: "Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden als mit unseren vermeintlichen Guttaten."
Dieser Glaube muss in Petrus trotz seiner dreimaligen Verleugnung Des Herrn lebendig gewesen sein; ohne diesen Glauben wäre ER nicht fähig gewesen, nach seinem wiederholten Fall in Tränen auszubrechen
(s. Mk 14,72). Aus diesen Tränen wurde ein Lachen geboren, das in das Osterlachen der Urgemeinde eingegangen ist.
Warum wurde eigentlich Petrus von Jesus an die Spitze seiner Kirche berufen? Vielleicht geschah es deshalb, weil gerade Petrus als der Fallende und Aufstehende eine Gestalt war, mit der sich alle Menschen in der Kirche wirklich identifizieren können. Er verrät uns einiges von sich, wenn ER in seinem ersten Brief schreibt:
Wenn ihr recht handelt und trotzdem Leiden erduldet, ist das eine Gnade in den Augen Gottes. Dazu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt (1 Petr 2,20f). Daran hat sich Petrus selbst gehalten bis zu seinem Tod trotz seiner Schwächen.
Aber die Bibel spricht nicht nur von Petrus, sondern auch von Judas. Judas ist der Prototyp eines Gefallenen, der nicht mehr aufgestanden ist. Denken wir uns einmal, Judas hätte sich nach seinem schweren Fall I'm Glauben an Gottes unbegrenzte Liebe wieder erhoben. Dann wäre ER zur seligen Hoffnung aller geworden, die aufgrund ihrer Schuld in eine scheinbar ausweglose Situation hineingeraten sind. Aber Judas blieb liegen; deshalb blieb die Botschaft, die nur er hätte bringen können, der Menschheit vorenthalten.
Wer aufsteht, der lebt, wer liegenbleibt, ist tot. Nur die Toten stehen nicht mehr auf. Wer trotz seiner Hinfälligkeit immer wieder aufsteht,
der bereitet sich auf seine Auferstehung vor, denn Petrus schreibt:
ER hat unsere Sünden mit seinem Leib auf das Holz des Kreuzes getragen, damit wir tot seien für die Sünden und für die
Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt.
Denn ihr hattet euch verirrt wie Schafe, jetzt aber seid ihr
heimgekehrt zum Hirten und Bischof eurer Seelen (1 Petr 2,24f).
Auch im Leben eines Clowns gibt es Traurigkeit, doch er lässt sich nicht von ihr verschlingen. So soll es auch sein. Ein Clown muss seinen Schmerz wegstecken können. „Ich bin ein Clown, mein Glück ist es, andere glücklich zu machen", sagt der berühmte Clown Charlie Rivel.
Für uns kann die Traurigkeit sehr schnell zu einer Grube werden. Aber ob nicht jedes Glück daraus erwächst, dass man andere glücklich macht? Das Glück, das wir anderen bereiten, fällt ins eigene Herz zurück. Damit zeigt sich ein Weg, der aus der eigenen Traurigkeit herausführt. Ein Clown agiert, weil er Freude machen will. Dadurch bewahrt er sich selbst davor, seiner Traurigkeit vollends zu verfallen.
Gilt das alles nicht erst recht für den Künder der Frohbotschaft, der aus dem heutigen Evangelium das Wort Jesu ausrichten darf:
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben
(Joh 10,10).
Wer von hier aus die dreifache Botschaft des Clowns noch einmal überdenkt, der wird bemerken, dass sowohl der Clown als auch der Verkünder ein Mensch ist, der im "Trotzdem" lebt. Für uns gilt das Trotzdem des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Diese Tugenden sind uns allen von Gott geschenkt. In jedem Menschen steckt der Clown - aber auch der Verkünder. Jeder Mensch hat eine Botschaft, hat etwas auszurichten, will sich in irgendeiner Weise im guten Sinne engagieren.
Das gilt natürlich auch für jeden Christen. Wo wir die Botschaft Jesu leben, da wird er auch in anderen Menschen lebendig, egal ob diese Aufgabe uns passt, ob sie uns zu groß oder zu klein, zu schwierig, zu deplatziert oder in anderer Weise unpassend erscheint; ob sie uns zu Fall bringt oder wieder auf die Beine stellt, ob sie uns traurig macht oder erfreut. Den Auferstandenen zu verkünden ist unsere ureigenste Aufgabe,
die wir ihm und allen Menschen schulden. Wir sollten dabei aber immer wissen, dass Christus dem Petrus und allen seinen Aposteln festen Stand gegeben hat, und den gibt er auch uns, wenn wir uns auf ihn einlassen, denn euch und euren Kindern gilt die Verheißung und all denen in der Ferne, die der Herr, unser Gott, herbeirufen wird (Apg 2,39).
Mit diesen Worten wünsche ich euch einen gesegneten Sonntag.

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